Technische Risikobewertung
Dem Risikomanagement kommt eine zentrale Bedeutung zu. Von den Herstellern ist gefordert, einen Risikomanagementprozess zu installieren und aufrechtzuerhalten, mit dem Ziel, die Sicherheit der Anwendung eines Medizinproduktes im gesamten Lebenszyklus zu gewährleisten und ein akzeptables Risiko-Nutzen-Verhältnis nachzuweisen.
Eine der wichtigsten Bestandteile einer Technischen Dokumentation ist die Risikomanage-mentakte gemäß der harmonisierten Norm ISO 14971. Der Hersteller eines Medizinproduktes weist in diesen Dokumenten nachweisen, dass die Anwendung seines Medizinprodukt im Rahmen der Zweckbestimmung ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Anwender, den Patienten sowie Dritte aufweist und die im zugewiesene Zweckbestimmung im Alltag erfüllt. Die Risikomanagementakte muss vor der Durchführung der klinischen Bewertungen erstellt werden und muss aktuell gehalten werden.
Das Kerndokument der Risikomanagementakte ist die Risikoanalyse, die im Detail alle denkbaren Risiken identifiziert, bewertet und nach Möglichkeit eliminiert, die mit der Anwendung eines Medizinproduktes verbunden sind. Der Hersteller muss nachweisen, welche risikominimierenden Maßnahmen ergriffen wurden und wie wirksam diese Maßnahmen im Hinblick auf die Risikominimierung sind.
Zum Risikomanagement im weiteren Sinne werden die Vigilanz, proaktive Marktbeobachtungsaktivitäten sowie Post-Market Clinical Follow-up-Studien eines Herstellers gezählt.
Das Risikomanagement hat eine enge Verbindung zur Gebrauchstauglichkeit eines Medizinproduktes, die entsprechend der harmonisierten Norm EN 62366 nachgewiesen werden muss. Der Hersteller ist verpflichtet, eine entsprechende Gebrauchstauglichkeitsakte zu erstellen und diese aktuell zu halten. Inhaltlich muss der Hersteller einen objektiven Nachweis führen, dass sein Medizinprodukt durch den Anwender im Alltag sicher und zuverlässig angewendet werden kann. Von besonderer Bedeutung sind hier u.a. die Umweltbedingungen, in denen das Medizinprodukt angewendet wird (Lichtverhältnisse, Geräuschpegel, Hitze/Kälte, usw.), psychophysische Parameter wie mentaler Stress und die Vorkenntnisse des Anwenders (Laie, ausgebildetes Laborpersonal, usw.).
Regulatorische Risikobewertung
Im Gegensatz zu Arzneimitteln werden Medizinprodukte anhand von Klassifizierungsregeln unterschiedlichen Risikoklassen zugeordnet. Abhängig von der identifizierten Risikoklasse erfolgt die regulatorische Einstufung des Medizinproduktes und die erforderlichen Tätigkeiten für deren Registrierung bzw. Zulassung. Grundlage für die Risikoklassifizierung von Medizinprodukten sind die Richtlinien der International Medical Device Regulators Forum (IMDRF) – der Nachfolgeorganisation der Global Harmonization Task Force (GHTF) –, deren Prinzipien auch in den Europäischen Medizinprodukte- und in der In vitro-Diagnostika-Verordnung (MDR bzw. IVDR) angewendet werden. Während ein Trend zur globalen Vereinheitlichung der Klassifizierungsregeln zu verzeichnen ist, sind die Anforderungen an die für die eine Registrierung bzw. Zulassung erforderlichen Produktunterlagen jeweils länder-bzw. regions-spezifisch.
Als Kriterien für die Risikoklassifizierung von Medizinprodukten gelten u. a. die Invasivität, die Verweildauer immenschlichen Körper, dem inhärenten Risiko der verwendeten Materialien, die zu therapierende Erkrankung oder im Falle von In vitro-Diagnostika z. B. deren Verwendungszweck in der Transplantations- oder Transfusionsmedizin sowie Schwangerschaftsvorsorge.
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